Viel gefährlicher, als wir denken – und dennoch leicht zu behandeln: Warum B-Vitamine wichtiger sind als Statine
Cholesterin ist über Jahrzehnte als Hauptfeind in der kardiovaskulären Prävention dargestellt worden. Doch trotz massiver Aufklärung, Medikation und Diätprogramme bleiben Herzinfarkte und Schlaganfälle weltweit die häufigste Todesursache. Ein Grund: Viele Patienten mit Herzinfarkt haben völlig normale Cholesterinwerte.
Ein alternativer Marker verdient mehr Aufmerksamkeit: Homocystein. Er wird in der Praxis kaum beachtet, ist aber biochemisch hochwirksam, leicht zu messen – und therapeutisch modulierbar. In diesem Beitrag zeigen wir, warum Homocystein der bessere Marker ist, was ihn gefährlich macht und wie einfach man ihn senken kann.
Homocystein: Entstehung, Wirkung und biologische Bedeutung
Homocystein entsteht im Körper als Zwischenprodukt des Methionin-Stoffwechsels. Dieser wird vor allem durch eiweißreiche Kost (Fleisch, Eier, Milch) aktiviert. Damit Homocystein nicht toxisch wirkt, muss es über mehrere enzymatische Wege wieder abgebaut werden. Dafür braucht der Körper vor allem: Vitamin B6, B12 und Folsäure.
Kommt es zu Mangelzuständen oder genetischen Defekten (MTHFR-Polymorphismen), steigt der Homocysteinspiegel – mit gravierenden Folgen: Schäden an Blutgefäßen, vermehrte Thrombosebildung, neuronale Irritationen, vermehrter oxidativer Stress.
Cholesterin: Wichtiger Baustoff, aber kein Alleintäter
Bevor man Cholesterin verteufelt, sollte man seine Rolle verstehen.
Cholesterin ist:
- Bestandteil jeder Zellmembran,
- Ausgangssubstanz für Steroidhormone (Östrogen, Testosteron, Cortisol),
- nötig für die Bildung von Vitamin D und Gallensäuren,
- im Gehirn unentbehrlich für Myelinscheiden, Synapsen und neuronale Plastizität.
–Zudem produziert der Körper etwa 80 % seines Cholesterins selbst, unabhängig von der Ernährung. Entscheidender als das Gesamtcholesterin ist heute das Verhältnis von LDL zu HDL. Ein gutes LDL/HDL-Verhältnis zeigt ein gesundes Lipidgleichgewicht.
Homocystein: Der stille Gefäßschädiger
Erhöhte Homocysteinspiegel (>10 µmol/l) schädigen Gefäßinnenwände, fördern Entzündung und oxidativen Stress und stören die Methylierung – einen fundamentalen biochemischen Prozess. Die Folgen:
- Arteriosklerose, Thrombosen, Herzinfarkt
- Schlaganfall, Demenz, Parkinson
- Frühaborte, Neuralrohrdefekte, Osteoporose
- möglicherweise auch Depressionen und Erschöpfung
Zahlreiche Studien zeigen, dass ein hoher Homocysteinspiegel ein unabhängiger Risikofaktor ist – selbst bei normalen Cholesterinwerten.
Warum Homocystein ignoriert wird – und was wirklich hilft
Hier wird es unbequem: Zur effektiven Senkung von Homocystein braucht es keine neuen Medikamente. B-Vitamine reichen aus. Speziell B6, B12 und Folsäure (am besten in aktivierter Form) können den Spiegel gezielt senken. Diese sind:
- sicher,
- günstig,
- frei verkäuflich,
- und – entscheidend – nicht patentierbar.
Für ein auf Umsatz getrimmtes Gesundheitssystem ist das kein lukratives Modell. Kein Wunder, dass Homocystein in vielen Laborpaketen fehlt und in Fortbildungen kaum erwähnt wird.
Was du konkret tun kannst: Diagnostik & Maßnahmen
- Homocystein bestimmen lassen
Optimalwert: < 8 µmol/l - Mikronährstoffstatus prüfen: B6, B12, Folsäure, B2, Zink, Magnesium
- Supplemente in aktivierter Form wählen: P-5-P, Methylcobalamin, 5-MTHF
- Cholin, Betain und antioxidative Pflanzenstoffe ergänzen (z. B. EGCG, Curcumin)
- Lebensstil anpassen: achte auf deine Nahrung, Bewegung, Stressabbau
Fazit: Homocystein gehört in jede Prävention
Homocystein ist nicht nur ein Marker, sondern ein ursächlicher Mitspieler in der Entstehung chronischer Erkrankungen. Er ist leicht messbar, wirksam zu beeinflussen – und bietet die Chance auf echte Prävention ohne Nebenwirkungen. Zeit, ihn aus der Nische zu holen.
Literatur:
- Bautista LE, et al. Total plasma homocysteine level and risk of cardiovascular disease: a meta-analysis. J Clin Epidemiol. 2002;55(9):882–887.
- Clarke R, et al. Homocysteine and risk of ischemic heart disease and stroke. JAMA. 2002;288(16):2042–2046.
- Wald DS, et al. Folic acid, homocysteine, and cardiovascular disease: meta-analysis of randomized trials. BMJ. 2002;325(7374):1202.
- Bazzano LA, et al. Effects of folic acid supplementation on risk of cardiovascular diseases. Arch Intern Med. 2010;170(18):1622–1629.
- Qin X, et al. Vitamin B supplementation, homocysteine levels, and risk of stroke. PLoS One. 2013;8(6):e66657.
- Huang Y, et al. Homocysteine and coronary heart disease: a meta-analysis. Sci Rep. 2022;12(1):8987.
- Xu L, et al. Homocysteine, B vitamins, and cardiovascular disease: a Mendelian randomisation study. BMC Med. 2021;19(1):105.
- Li Y, et al. Homocysteine, folate, B12, and B6 in relation to fracture risk. Aging (Albany NY). 2021;13(13):15838–15856.